Interview mit Michael Wigge: Wie finde ich meinen Berufs- und Lebensweg?
Viele Jugendliche sind überwältigt von den vielen Möglichkeiten, die unsere Gesellschaft bietet. Es ist eine tolle Errungenschaft, dass wir uns beruflich frei entfalten und sogar in einem anderen EU Land leben und arbeiten können. Die Digitalisierung erlaubt uns einen schnellen Überblick über unzählige Möglichkeiten. Erstmal finde ich das super, aber ich habe auch Coaching-Klienten, oft Abiturienten, die durch diese Auswahl und den ungebremsten Input aus allen Kanälen überfordert sind.
Wer die Wahl hat….
Ich erinnere mich, wie ich vor über 10 Jahren einen Dokumentarfilm bei den Yanomami Indianern im Amazonas gedreht habe. Wenn sich die Heranwachsenden dort für einen Partner entschieden, hatten sie aufgrund der wenigen Einwohner ihres Dorfes nur ein oder zwei Wahlmöglichkeiten. Das war’s, Ende der Geschichte! Dabei ist mir aufgefallen, dass wenig Auswahl auch etwas Gutes haben kann, denn unglücklich war dort niemand.
Wie ist das bei uns?
Um mit den vielen tollen Angeboten klar zu kommen, bedarf es bei Heranwachsenden einer guten Orientierung, Abgrenzung und Entscheidungsfähigkeit. Wenn die fehlen, kann vereinzelt eine Überforderung eintreten, die einen so starken Druck auslösen kann, dass man sich für überhaupt keinen Weg entscheidet.
Ich bin dann mal weg….
In meinem Fall lief das recht interessant, als ich in den 90gern im Sauerland Abitur gemacht habe, zu der Zeit recht uninspiriert war und überhaupt nicht wusste, was ich wollte. Ich sah zwar viele Möglichkeiten, sah aber keinen Weg mich entscheiden zu können und zu wollen. Direkt nach dem Abitur passierte dann glücklicher Weise ein Dominoeffekt: Ich verbrachte ein Jahr im Kalifornien, und dort hörte ich zum ersten Mal, dass ich alles machen kann, wenn ich mich dazu entscheide und auch alles möglich ist, wenn ich an mich glaube. Das hatte ich vorher so nie gehört.
Mein Weg zum Keynote Speaker
Ich wollte unbedingt zum Fernsehen und entschied mich einen Weg zu finden. Nach einem Filmstudium arbeitete ich viele Jahre als Abenteurerreporter für das ZDF, den WDR und MTV. Diese Karriere mündete in das Berufsbild Keynote Speaker in Deutschland und als Motivational Keynote Speaker in den USA.
Wie habe ich das geschafft?
Ich denke, dass der passende Berufs- und Lebensweg maßgeblich von vier Faktoren abhängt:
1. Einem guten Selbstwert
Ich denke, dass dieser zur Selbstfindung sehr wichtig ist. Nur mit einer guten eigenen Wertschätzung traue ich mir Dinge zu und weiß überhaupt, was ich wirklich will, und wo ich mich abgrenzen muss. Falls der Selbstwert niedrig ist, lässt er sich durch eigenes Training verbessern.
2. Abgrenzungsfähigkeit
Bei der Fülle der Angebote müssen wir lernen NEIN sagen zu können. Nur so können wir uns gegen Dinge entscheiden, die uns nicht gut tun. Abgrenzungsfähigkeit ist gerade in unserer digitalen Welt sehr wichtig, denn 5 Stunden Social Media am Tag nehmen meinen Fokus vom meinem Leben in der realen Welt weg.
3. Ein gutes Umfeld
Ein Umfeld, das inspiriert, Selbstwert und Abgrenzungsfähigkeit fördert, ist für Heranwachsende sehr wichtig. In meinem Fall waren es nach dem Abitur Menschen in Kalifornien, die mir versicherten, dass ich Filmregisseur in Hollywood werden könnte, wenn ich mich nur dazu ernsthaft entscheiden würde. Alles, was ich mir nach diesen inspirierenden Kontakten vornahm, klappte auch. Mein Tipp: Finger weg von Pessimisten, Angsthasen und ewigen Kritikern! Stattdessen: Realistischer Optimismus als Lebenshaltung!
4. Entscheidungsfähigkeit
„Kill Your Darlings“ ist ein schönes Sprichwort, dass besagt, dass man bei Entscheidungen auch mal auf etwas verzichten können muss. Das ist heutzutage sehr wichtig, um sich nicht mit Zukunftsplänen zu überladen und sich am Ende für nichts zu entscheiden.
Ich wünsche allen Berufseinsteigern viel Erfolg und Inspiration für einen spannenden Weg!
Euer Michael Wigge
Danke für das Interview Michael Wigge